Jean Genet

In seinem fünften und letzten Roman, der die stärksten autobiographischen Züge trägt, liefert Jean Genet wesentliche Angaben über sein Leben. Im „Tagebuch eines Diebes“ (1949) heißt es: „Ich wurde am 19. Dezember 1910 in Paris geboren. Als Zögling der öffentlichen Fürsorge war es unmöglich, mehr über meine Herkunft zu erfahren. Mit einundzwanzig erhielt ich eine Geburtsurkunde. Meine Mutter hieß Gabrielle Genet. Mein Vater war unbekannt. Ich bin zur Welt gekommen im Hause Nummer 22 der Rue dʼAssas.“ Genet ist mithin das ungewollte Produkt einer zufälligen, vom Trieb bestimmten Begegnung. Von Anfang an hatte er kein Zuhause, er fühlte sich nicht einmal mehr als Franzose, wie er Hubert Fichte in einem Interview 1975 gestand. – Seine ersten vier Lebensjahrzehnte waren vom Elend geprägt, jenem Elend, von dem er im „Tagebuch“ sagt: „(…) ich bemühte mich (…), es zu bejahen in seiner ganzen Niedrigkeit, so daß die Zeichen größten Schmutzes mir zu Zeichen der Größe wurden“. – Zunächst wächst Genet als Pflegekind bei Bauern auf; mit zehn Jahren wird er zum ersten Mal beim Stehlen ertappt. Mit 16 kommt er als rückfälliger Delinquent in die Erziehungsanstalt von Mettray. Von dort rückt er 1929 aus und verdingt sich bei der Fremdenlegion, aus ...